Werfen macht glücklich

Saison 2018 | Mit neuen Regeln zum Angriffszauber

Die NFL erlebt ein Jahr vieler Rekorde

4. Dezember 2018. Noch nie konnten Quarterbacks und Receiver ihr Spiel so frei aufziehen. Neue Regeln machen es möglich. Noch strenger werden unnötige Angriffe auf die Quarterbacks und Receiver geahndet. Und da die Schiedsrichter die Regeln gewissenhaft umsetzen, fühlen sich die Angreifer im Pass-Spiel so gut beschützt wie nie.

Quarterback Andrew Luck von den Indianapolis Colts beim Spiel gegen die Washington Redskins

Quarterback Andrew Luck. Photo: Keith Allison. CC BY-SA 2.0

Auf einmal scheint Werfen kinderleicht
Die Folge? Werfen macht wieder Spaß. Rekorde purzeln. Am zweiten Spieltag drehten die Quarterbacks und Receiver richtig auf. An diesem Tag brachten die QB der 32 Teams im Schnitt 71% ihrer Würfe an – erstaunliche 15 % mehr als sonst. Rechnet man die Leistungen dieses Spieltags auf die Saison-Leistung eines Quarterback um, dann ergeben sich unglaubliche Zahlen: der Durchschnitts-Quarterback erzielt danach eine Saison, wie sie sonst nur die Besten der Besten haben. Womit die Bradys und Rodgers der Football-Welt die Trophäen zum Spieler des Jahres zu gewinnen pflegen: 4.300 Yards, 30 TDs gegen nur 9 Interceptions und ein Top-Rating von 105.1.

Noch einmal: die Zahlen geben die Leistungen des Durchschnitt-Quarterbacks wieder. Ein Rating von 100 gilt als herausragend. Die Hälfte der Quarterbacks überbot an diesem zweiten Spieltag diese Marke.

Das Jahr der Rekorde

Diese Pass-Lawine wiederholte sich am vierten Spieltag. Noch einmal erreichten die Quarterbacks aller Teams dieses Rekord-Niveau. Nach dreizehn Spieltagen sieht es so aus, als ob einige Saison-Bestleitungen fallen könnten: so viele Passing Touchdowns wie nie, das höchste Rating jemals. Gegenwärtig haben die NFL-Quarterbacks ein Rating von 94.3. Und es könnte die Saison mit den wenigsten Interceptions werden.
Die Defenses haben schwer das Nachsehen. Das zeigt sich auch beim Scoring. 23.9 Punkte erzielen die Teams im Schnitt – und steuern auch da auf einen Rekord zu.

Auch das Running Game profitiert

Passen macht Spaß. Es überrascht daher nicht, dass weniger gelaufen wird. So wenig wie nie. Im Schnitt nur 25 mal pro Spiel setzen die Teams das Running Game ein. Aber das Laufspiel ist deshalb nicht schwach. Im Gegenteil, es profitiert mächtig vom starken Passing Game. So sehr, dass die Running Backs ebenfalls auf einen NFL-Rekord zu steuern: pro Lauf erreichen die RB derzeit einen Schnitt von 4,4 Yards. Wie kommt das zustande? Die Defenses müssen sehr aufpassen, dass sie vom Pass-Spiel nicht überrollt werden. Sie konzentrieren sich zuerst darauf, für den Pass gut aufgestellt zu sein: „Pass first“ heißt die Devise, was die Running Backs freut. Denn wenn sie den Ball bekommen, haben sie mehr Platz als sonst.

Ein bißchen Spaß bleibt auch der Defense

Ganz ohne Spaß geht die Saison aber auch für die Verteidigung nicht ab. Viele Pass-Versuche heißt für die Pass Rusher, für Aaron Donald, Von Miller & Co sie kommen öfter in den Genuss die Quarterbacks zu jagen und zu sacken. Und das tun sie – und zwar kollektiv gesehen ebenfalls auf Rekord-Niveau.

Von Miller beim Ansturm auf den Quarterback. Photo: Keith Allison. CC BY-SA 2.0

Regeln hin oder her: Football bleibt Football

Die Regelverschärfungen sind für die NFL ein großer Erfolg. Rekorde purzeln, neue Superstars werden geboren; denken wir nur an Patrick Mahomes, Jared Goff oder DeShaun Watson, der mit den Houston Texans eine lange Sieges-Serie hingelegt hat. Die Fans haben viele Gelegenheiten, um zu bewundern und das Spiel wirkt so lebendig und attraktiv wie nie. Aber bei aller Faszination und Spannung, es gibt noch eine andere Seite. Die, dass die Verletzungen – auch die der Gehirnerschütterungen – aus dem Football 2018 nicht einfach verschwunden sind.

Die Krise der NFL: wie die Spieler schützen und die Härte aufrechterhalten?

Es wird gerne übersehen, aber die NFL steckt immer noch in einer Krise. Die Stimmen, das Football als zu hart und zu gefährlich gilt, ebbten nicht ab. Die Zuschauer-Zahlen und Einschaltquoten waren in den letzten Jahren in den USA rückläufig. Es stellt sich ernsthaft die Frage, ob sich die Football-Krise so einfach mit Regeländerungen beenden lässt? Football bleibt ein harter Kontakt-Sport. Die heftigen Zusammenstöße, Folge der ungeheuren Schnelligkeit des Spiels und der immer größeren Masse der Spieler, werden auch die schärfsten Regeln nicht eindämmen können – ja nicht eindämmen sollen: sonst wäre es kein Football mehr. Für die NFL bleibt es eine Gratwanderung: dem Bemühen nach mehr Schutz für die Spieler, ohne zugleich die Härte des Spiels, die schon immer Teil der Faszination war, zu verlieren.

nach oben