Der Super Bowl | Amerikas inoffizieller Nationalfeiertag
Über die kulturelle Bedeutung des größten US-Sportereignisses
Der Super Bowl ist das wichtigste Sportereignis in Amerika. Aber der Super Bowl ist viel mehr: Er ist eine gigantische Show, ein Konsum-Spektakel, Medien-Event und eine patriotische Party. Über die Jahre stieg der Endspiel-Tag zum inoffiziellen Nationalfeiertag auf. Mittlerweile hält oft auch der gezeigte Sport mit den Erwartungen der amerikanischen Kultur Schritt. Viele der letzten Super Bowls waren spannend bis zum Schluss.
Der Super Bowl ist eine große amerikanische Erfolgsgeschichte. Bereits beim ersten Endspiel im Januar 1967, das noch „AFL-NFL World Championship of Football“ hieß, sahen 65 Millionen Amerikaner – also ein Drittel der damaligen Gesamtbevölkerung – zu. Das Spiel wurde sogar von zwei Fernsehsendern übertragen. Die Eintrittspreise waren moderat. Sechs oder acht Dollar kosteten die günstigsten Karten. Trotzdem war das riesige Coliseum in Los Angeles nur zu zwei Dritteln gefüllt.
Unbesetzte Stadionplätze wurden schnell undenkbar. Auch wenn heute die günstigste Eintrittskarte 500 $ und ein teurer Logenplatz über 10.000 $ kosten kann, beim Super Bowl gibt es keine freien Plätze mehr.
Der Super Bowl ist viel mehr als bloß Sport
Natürlich ist der Super Bowl ein Sport-Ereignis. Aber er ist mittlerweile viel mehr. Dafür sorgt die Show, die das Endspiel umrahmt. Dafür sorgen die Medien, die das Spiel in eine Konsum-Plattform verwandelt haben. Und dafür sorgt die amerikanische Bevölkerung. Denn für viele ist das Ereignis eine einzige große Party – mit ein bisschen patriotischem Flair.
Viel Show und Entertainment: so lieben es die Amerikaner
Die Amerikaner lieben es, eine gute Show zu veranstalten. Beim ersten Endspiel schwebten Düsen angetriebene Space Men ins Stadion ein. Seit Super Bowl XXVIII zischen Militärjets mit blau-weiß-rotem Rauch über das Stadion sobald die Nationalhymne beendet ist. Berühmt sind mittlerweile die Halbzeit-Shows. 30 Minuten dauern sie – nicht wenige Zuschauer schalten eigens für diese Shows ein. Ob Michael Jackson, Madonna, Beyoncé oder Lady Gaga – die Mega-Stars des Entertainments treten dort in aufwendigen Inszenierungen auf und präsentieren ihre neuesten und berühmtesten Hits.
Der Super Bowl als gigantischer Marktplatz
Zu Spitzenzeiten verfolgen bis zu 150 Millionen Amerikaner den Super Bowl am Fernsehgerät. Weltweit sollen es ca. 800 Millionen Menschen sein – das Spiel wird in über 200 Länder übertragen. Bei so vielen Menschen – und potenziellen Konsumenten – ist der Super Bowl ein Marktplatz, auf dem die großen globalen Firmen in eigens für diesen Tag erstellten Werbe-Clips ihre neuesten Produkte vorstellen. Die Herstellung lassen sich die Firmen mitunter einen zweistelligen Millionen-Betrag kosten und sie zahlen für einen 30-Sekunden Werbe-Clip noch 5 Millionen Dollar an die Sendeanstalten.
Zeit, um viel Geld auszugeben
Bei diesem Konsum-Fest verharren die Amerikaner nicht in der Rolle des passiven Zuschauers. An keinem anderen Tag – ausgenommen Thanksgiving – geben die Amerikaner soviel Geld für Essen aus. Allein die Pizza-Lieferdienste machen am Tag des Endspiels ein Drittel ihres Jahresumsatzes. In Fan-Artikel stecken die Anhänger ca. 250 Millionen. Und weltweit werden auf den Super Bowl 3.9 Milliarden Euro gewettet.
Für Viele ist das Endspiel ein willkommener Anlass zum Feiern
Viele Amerikaner veranstalten zum Endspiel Super Bowl Parties, oft mit mehr oder weniger dezentem patriotischem Anstrich. Im Schnitt feiern etwa 20 Amerikaner zusammen – schauen ein bisschen Football und feiern ab. Danach kommt für manche der Super Hangover ins Spiel. Sechs Prozent über dem Durchschnitt an Krankmeldungen gibt es am Tag danach. Parties sind „in“ und es gibt sie in allerlei Varianten – privat oder kommerziell. Große Firmen geben viel Geld für luxuriöse Super Bowl Parties aus. Und wer da dabei sein möche, muss mitunter tiefer in die Tasche greifen – 2.000 Dollar oder mehr kann der Eintritt kosten.
Das Football-Endspiel als Super Bore
Super Sunday, so heißt der Tag mittlerweile. Aber wie steht es eigentlich mit dem Sport, der an diesem Tag auch noch stattfindet? Langezeit bot das Endspiel nicht gerade große Unterhaltung. Super Bore, die große Langeweile, wurde das Ereignis da getauft. Aber das fiel angesichts des umfangreichen medialen Begleitungprogramms, den Parties und dem Entertainment nicht sonderlich ins Gewicht.
Spannung pur gab es oft in den letzten Jahren
Oft war das Endspiel bereits im dritten Viertel entschieden – und die Mannschaft, die weit zurücklag, gab sich dann doch irgendwie auf. Außer den Siegern selbst, konnten Ergebnisse wie 46-10, 52-17 oder 48-21 auch den eingefleischten Football-Fan kaum begeistern. Einige Endspiele, und viele der letzten Jahre, waren spannend bis zum Schluss:
– Im Super Bowl XXIII führte Quarterback Joe Montana seinen Angriff, mit gut drei Minuten zu spielen, von der eigenen acht Yard-Linie aus, über das Feld. 38 Sekunden vor Schluss fand er Wide Receiver John Taylor mit seinem Pass zum 20-16 Sieg der San Fransico 49ers über die Cincinnati Bengals.
– Im Super Bowl XXXIV lief WR Kevin Dyson nach dem Fang eines Pass zwei Sekunden vor Schluss frei auf die Endzone zu.
Ein Yard vor der Endzone wurde er getackelt. Auf den Boden fallend, streckte Dyson den Football verzweifelt Richtung Endzone – was aber zu kurz war (Bild links). Statt Touchdown und möglichem Unentschieden behielten die St.Louis Rams mit 23-16 gegen die Tennessee Titans die Oberhand.
– Im Super Bowl XLIII lagen die favorisierten Pittsburgh Steelers zurück, als Quarterback Ben Roethlisberger 34 Sekunden vor Ende WR Santonio Holmes mit Querpass in die linke Ecke der Endzone anspielte. Holmes hatte zwei Verteidiger abgeschüttelt, der Pass aber glitt ihm durch die Hände. Also versuchte es Roethlisberger gleich noch einmal. Diesmal in die rechte Ecke. Und es klappte. Holmes, umringt von 3 Verteidigern, fing den Ball im Hechtsprung. Und, um den Pass zur Completion zu machen, schleifte er seine Füsse im Feld über den Rasen und die Steelers hatten sich gegen die Arizona Cardinals mit 27-23 durchgesetzt.
– Vor zwei Jahren führte Tom Brady seine Mannschaft aus einem Rückstand von 28-3 im dritten Viertel zum Unentschieden. Erstmals ging ein Super Bowl in die Verlängerung. Die Patriots hatten Glück. Sie gewannen den Münzwurf und bekamen als erster den Ball. Brady war in Schwung und führte sein Team gleich vor die Endzone. Die letzten zwei Yards boxte sich Running Back James White den Weg zum Touchdown durch. So gewannen die New England Patriots über die Atlanta Falcons mit 34-28 Super Bowl LI. Mehr zu diesem Spiel erfahrt Ihr in der ersten deutschen Biographie über Tom Brady.