QB Lamar Jackson

Die Baltimore Ravens und ihr Quarterback wirbeln die NFL durcheinander

Lamar Jackson: Gazelle mit der Mentalität eines Kampfhundes

30. November 2019. Die Baltimore Ravens stellen mit ihrem jungen Quarterback Lamar Jackson die NFL auf den Kopf, gegen den etablierten Trend immer mehr zu passen. Dank Jackson und dem Angriffssystem von Offensive Coordinator Greg Roman sind die Ravens zuallererst ein Running Team – und das mit durchschlagendem Erfolg. Mit im Schnitt 35 Punkten führen sie deutlich die Liga an.

Quarterback Lamar Jackson von den Baltimore Ravens erobert derzeit die NFL im Sturm. Hier in der Preseason 2018

Lamar Jackson wird jetzt als MVP-Kandidat gehandelt. Photo: Delano Scott. Gemeinfrei

Entgegen aller Angriffstrends
„Der Junge nimmt gerade die Liga im Sturm“, meinte jüngst San Francisco Cornerback Richard Sherman über den bald 23-jährigen Jackson. „Der löst derzeit überall Bewunderung aus und das zurecht“, so Sherman. Dem Angriffswirbel von Jackson und Gefährten hat die Liga derzeit nichts entgegenzusetzen. 41 Punkte erzielten sie vor zwei Wochen gegen die Houston Texans, 45 Punkte beim Auswärtsspiel gegen die L.A. Rams am vergangenen Spieltag. Gegen die Rams begannen Jackson  & Co. mit sechs Laufspielzügen und drangen damit gleich bis in die Redzone des Gegners vor. Über zwei Drittel ihrer Spielzüge setzten sie auf das Running Game – ligaweit agieren die Teams genau umgekehrt.

Unberechenbar – ein Alptraum für die Verteidigung

Die Ravens setzen eine Zone-Read-Offense ein. Jackson liest die Bewegungen der Defensive Line und entscheidet dann, ob er einen Handoff macht, selbst rennt oder passt. Die Defenses beobachten Jackson so gut es eben geht, aber der handelt so schnell. Noch ehe sie reagieren können, stößt Running Back Mark Ingram bereits durch die Mitte oder Jackson sprintet schon mit zwei Schritten Vorsprung über Außen.

Gegen die Ravens muss man auf alles gefasst sein

Aber es ist nicht allein eine Zone-Read, erklärt Head Coach Kyle Shanahan von den San Francisco 49ers, gegen den die Ravens diesen Sonntag spielen: „Der Kerl nimmt auch typische Running Back-Spielzüge und rennt selbst mit dem Ball. Gegen die Ravens muss man auf alles gefasst sein. Es ist wie eine Wildcat-Offense, nur dass der Wildcat-Spieler obendrauf auch noch ein Quarterback und nicht nur ein Running Back ist.“

Laufrekorde in greifbarer Nähe

Die Ravens führen die NFL in fast allen Rushing-Statistiken an: mit 37 Laufspielzügen pro Spiel, mit pro Lauf 5,7 Yards und mit im Schnitt 211 Yards. Sie sind auf dem Weg, den Team-Rushing-Rekord der Liga zu brechen, den 1978 die New England Patriots in einer ganz anderen Football-Ära erzielten, als die Teams wirklich noch zu allererst Running-Teams waren.Rekorde, die die Ravens und Lamae Jackson mit ihrem Laufspiel 2019 brechen könnten.

Auch das Passing-Game wird perfektioniert
Aber die Krönung des Angriffs um Jackson ist, dass die Ravens in den letzten Spielen ihr Passing-Game perfektionierten. Mit Laufspielzügen brachten sie sich beim 45-6 Auswärtssieg über die Rams in Stellung, und dann nutzte Jackson die zunehmende Fixierung der Defense auf den Lauf mit tödlichen Pässen. Fünf Touchdowns warf Jackson – und alle in der Redzone.

Jackson ist nicht nur ein Top-Läufer, er liegt derzeit an neunter Stelle in Rushing-Yards und führt mit seinen 7, 1 Yards pro Lauf. Er liegt jetzt auch bei den Quarterbacks ganz vorne mit 24 Touchdown-Pässen (zusammen mit Russell Wilson) und ist dritter beim Passer-Rating.

Ein Quarterback mit der Mentalität eines Running Backs

Auch sein Laufstil ist für Jacksons Erfolg verantwortlich, meint Shanahan. Jackson denkt gar nicht daran, wenn die Verteidiger ihm nahe kommen, sich mit dem Slide zu schützen, wie es unter allen Quarterbacks, auch den besten Läufern unter ihnen, üblich ist. „Wenn der Kerl rennt, dann rennt er so unnachgiebig wie ein Running Back“, so Shanahan. „Den muss man wirklich tackeln, um ihn zu stoppen, und der schüttelt die Hits ab und kann auch selbst gut austeilen.“


StärQuarterback Tom Brady 2009 aufgenommen bei einem Preseason-Spiel gegen Washingtonker könnte der Kontrast zwischen zwei Quarterbacks kaum sein, wie der zwischen Lamar Jackson und Tom Brady. Brady spielt nicht allzu athletisch, bleibt am liebsten immer in der Pocket und rennt nur, wenn es wirklich sein muss … mehr über Bradys Spielweise und wie er damit außerordentliche Erfolge feierte in dem ersten deutschen Buch über den erfolgreichsten Quarterback der NFL-Geschichte.


Noch hat Jackson keine harten Schläge einstecken müssen …

Auch viele Gegner bewundern mittlerweile Jackson. „Ich mag seine Spielweise“, sagt etwa Nose Tackle D.J. Jones von den 49ers, „er hat diese Kampfhundmentalität in sich.“ Shanahan sagt, „Jackson ist mit dieser Spielweise momentan so erfolgreich, weil er noch keine wirklich harten Schläge einstecken musste.“ Jackson ist zweifellos hart im Nehmen. Aber so schnell und gewandt ist er nur, weil er nicht wie viele andere Quarterbacks außerordentlich groß und muskulös ist.

Egal, ob wir Fans der Ravens sind oder nicht, man kann diesen einzigartigen Angriff von Jackson und den Ravens nur bewundern, bewundern, so lange es gut geht. Der „blind side hit“, der heftige Schlag, der einen aus dem toten Winkel erwischt, bleibt auch für so einen gewandten Quarterback wie Jackson immer eine Gefahr …

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